Schwarzer Valentinstag by Günther Bentele

Schwarzer Valentinstag by Günther Bentele

Autor:Günther Bentele
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2010-11-10T23:00:00+00:00


Die beiden höchsten jüdischen Festtage waren vorüber.

Löb hatte mit Esther geredet und Esther hatte mit Christoph geredet. Viel Zeit musste ins Land gehen. Das wussten sie. Inzwischen durften sie sich zwar sehen wie sonst, aber nicht allein miteinander sein.

Esther dachte an das, was ihr der alte Abraham gesagt hatte.

Es war schwer für Christoph, aber er fühlte ihre Liebe in jedem Blick.

Philo und Christoph fuhren mit den zwei Fähren über den Rhein und gingen nach Offenburg. Christoph war nicht mehr so gefährdet, seitdem er als tot galt. Dennoch hatte ihm Esther ein Tuch um die Haare gewunden.

Sie gingen als Lehrjungen – nicht als Bettler.

Nachum musste zu Hause bleiben, worüber er schimpfte.

»Zwei fallen weniger auf«, so hatte es Löb bestimmt.

Der alte Abraham hatte sie gesegnet.

Christoph holte tief Luft, als er aus dem Hause in das Viertel der Juden trat.

Aber der Himmel war hell, die Bäume hatten bunte Farben angenommen, als sie aus dem Stadttor traten, und leuchteten unter einem strahlend blauen Himmel, als würden sie ihn besonders festlich wieder in der freien Natur begrüßen. Ein frischer Wind wehte.

»Wenn er überhaupt noch in Offenburg ist – «, begann Christoph.

Philo hatte ein dickes Bündel über der Schulter hängen: »Hoffentlich!«

Sie standen im klaren Wind auf der Fähre über der freien Fläche des Rheins, sahen die gelben Auwälder an beiden Ufern, die weißen Kiesbänke und dahinter die blaue Mauer des Schwarzwaldes. Christoph brauchte alle Kraft, um nicht ständig an seinen Vater zu denken.

»Löb hat mir sechs Schillinge mitgegeben, davon könnten wir das schönste Leben führen.«

»Ja, Löb ist großzügig wie selten einer. Du hast unerhörtes Glück gehabt.«

»Ich weiß«, sagte Christoph leise und dachte an Esther.

»Wenn wir den Kerl haben, wird es nicht ungefährlich.«

Die Fähre war gedrängt voller Menschen. Es wurde über die Pest geredet und über die Judenplage.

»Was soll man denn tun?«, fragte Philo harmlos.

»Fortjagen!«, meinte eine dicke Marktfrau, die mit ihren Röcken breit auf einigen Körben saß, als wolle sie die ausbrüten.

»Verbrennen!«, sagte ein Schmied, der einen Sack Kohlen vor sich hielt. »Bei euch in Straßburg sind ja nur Judenfreunde im Rat. Da ist der Herr Dopfschütz samt seiner Freunde, der holt sich Berge von Geld von den Juden, da muss er ihnen ja schöntun! Kannst du dir denken!«

»Denken, ja, das sollte man wirklich, wenigstens manchmal!«, sagte Philo.

Das Marktweib kicherte: »Erst holen, dann abschaffen. So würde ich es machen. Wer wird denn die teuren Zinsen bezahlen!«

Christoph konnte kaum an sich halten: »Die Zinsen – «, begann er.

Aber Philo hielt ihn zurück. »Bist du verrückt«, flüsterte er, »wir dürfen nicht auffallen.«

»Jemand muss ihnen doch sagen, dass die Juden die zwanzigfache Steuer der Christen bezahlen müssen, da müssen sie doch hohe Zinsen verlangen. Und Christen dürfen keine Zinsen nehmen und sind auf die Juden angewiesen. Es muss ihnen doch jemand sagen!« Christoph flüsterte hastig und erregt.



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